Die Vollkasko-Versicherung eines Fahrzeugs schlägt mit durchaus empfindlichen Kosten zu Buche. Die Absicherung gegen selbst verschuldete Schäden ist jedoch vor allem bei Neuwagen unbedingt empfehlenswert. Doch das heißt nicht, dass sie für die gesamte Lebensdauer eines Autos notwendig ist. Wann der Zeitpunkt gekommen ist, aus der Vollkasko auszusteigen, ist allerdings individuell verschieden.
Die Vier-Jahres-Regel
Als allgemeine Orientierung gibt es in der Fahrzeugbranche die Faustregel des Fahrzeugalters: Ist ein Wagen älter als vier Jahre, so die allgemeine Lesart, lohnt sich die Vollkasko meist nicht mehr. Denn dann rechtfertigt der geringe Restwert des Autos die hohe Investition in die Versicherung nicht mehr. Das trifft allerdings längst nicht auf jeden Einzelfall zu. Schließlich hängt der sogenannte Wiederbeschaffungswert eines Fahrzeugs ist nicht nur vom Alter, sondern auch von der Marktgängigkeit eines Modells ab. Soll heißen: Modelle, die vielfach angeboten werden, sind zu geringeren Kosten wiederzubeschaffen als seltenere Fahrzeugtypen gleichen Alters.
Die Restwert-Frage
Um eine Grundlage für die Entscheidung zu haben, sollten Autobesitzer zunächst den aktuellen Wert ihres Fahrzeugs feststellen. Diese als Restwert bezeichnete Größe ist der Preis, den der Wagen zum aktuellen Zeitpunkt beim Verkauf bringen würde. In Deutschland gilt die sogenannte Schwacke-Bewertung als Dreh- und Angelpunkt der Restwert-Festlegung. Neben dem genauen Fahrzeugtyp werden dabei Informationen über Baujahr, Kraftstoffart, aktuellen Kilometerstand, Beschädigungen, Anzahl der Türen und Ausstattungsmerkmale benötigt. Die Crux: Die Schwacke-Liste ist für Privatpersonen nicht zugänglich, eine Anfrage nach dem konkreten Restwert eines Fahrzeugs schlägt mit einem geringen Entgelt zu Buche.
Es gibt jedoch Alternativen. Vor allem über verschiedene Webservices sind heute auch belastbare Restwert-Schätzungen auf kostenfreiem Weg erhältlich.
Dabei erlebt so mancher Fahrzeughalter eine Überraschung: Der Wertverlust von Neuwagen ist nämlich nach sehr kurzer Zeit bereit sehr groß. Schon bei einer Laufleistung von ca. 15.000 Kilometern jährlich geht dem neuen Wagen nach einem Jahr gut ein Viertel seines Kaufpreises im Wert verloren. Die nachfolgenden Jahre schlagen mit Wertverlusten von jeweils rund sechs Prozent zu Buche. Nach drei Jahren sind dadurch viele Autos nur noch die Hälfte dessen wert, was sie einst gekostet haben.
Die Frage nach der Wiederbeschaffung
Mit dem Restwert hat man als Autobesitzer einen Mindestwert an der Hand, den man investieren müsste, um sich den exakt gleichen Wagen bei Totalschaden erneut anzuschaffen. Wer anhand dieser Zahl schon erkennt, dass ihm die Wiederbeschaffung nicht aus eigenen Mitteln gelingen würde, sollte eventuell über das Beibehalten der Vollkasko-Absicherung nachdenken. Denn in Versicherungskreisen gilt die allgemeine Empfehlung: Wer sich den Preis für die Wiederbeschaffung nicht leisten kann, jedoch in der Lage ist, die Vollkasko-Prämie zu zahlen, sollte diese Absicherung behalten.
Dass Versicherungen so argumentieren, ist natürlich verständlich. Allerdings sollte sich jeder Fahrzeugbesitzer tatsächlich folgende Fragen stellen:
- Wie sehr bin ich auf mein Auto angewiesen?
- Könnte ich einen Ausfall über andere Verkehrsmittel kompensieren, oder benötige ich das Fahrzeug zuverlässig jeden Tag?
- Kann ich mir einen Totalschaden, sprich: die Wiederbeschaffung aus eigener Tasche, leisten?
Um im schlimmsten Fall nicht ohne Fahrzeug dazustehen, auf das man für Arbeit und Alltagsleben zwingend angewiesen ist, kann das Beibehalten der Vollkasko auch über das Fahrzeugalter von vier Jahren hinaus tatsächlich sinnvoll sein. Wer jedoch über genügend Reserven verfügt, im Fall des Falles aus eigener Kraft für einen neuen fahrbaren Untersatz zu sorgen, kann sich die hohen Kosten für die Vollkasko-Absicherung oft ruhigen Gewissens sparen.
Die Frage der Teilkasko
Das vorschnelle Kündigen der Vollkasko-Versicherung ist jedoch auch für Fahrzeugbesitzer mit finanziellem Polster nicht in jedem Fall angezeigt: Bei manchen älteren Fahrzeugen kann diese nämlich sogar eine gute Alternative zur Teilkasko darstellen. Im Versicherungsrechner zeigt sich schnell, in welcher Höhe eine Teil- im Vergleich zu einer Vollkasko-Versicherung für ein bestimmtes Modell zu Buche schlägt. Dabei spielt die Typklasse des Wagens meist die entscheidende Rolle. Und zeigt sich dann, dass die Teilkasko preislich nur wenig unter der Vollkasko liegen würde, ist das Beibehalten der Komplett-Absicherung die empfehlenswerte Lösung. Schließlich deckt die Teilkasko eben genau die Risiken nicht ab, die die Vollkasko versichert: selbst verschuldete Beschädigungen am eigenen Fahrzeug.
Der Schadenfreiheitsrabatt als Faktor
Neben dem Rest- beziehungsweise Wiederbeschaffungswert des Wagens und der Höhe der Teilkasko spielt auch der Schadenfreiheitsrabatt eine wichtige Rolle bei der Frage nach Sinn oder Unsinn einer Vollkasko-Absicherung. Vor allem Fahrzeughalter mit langer, unfallfreier Historie haben hohe Rabatte auf ihrer Seite – und das macht die Police in vielen Fällen durchaus erschwinglich.
Die eigene Fahrweise berücksichtigen
Nicht zuletzt sollten Fahrzeughalter bei der Abwägung einer Vollkasko-Absicherung auch ihre eigene Fahrweise sowie das Fahrverhalten weiterer Nutzungsberechtigter bedenken. Wer gern risikofreudig, schnell und sportlich unterwegs ist, hat höhere Risiken für selbst verschuldete Schäden als besonnene Fahrer. Und wer nicht nur selbst hinter dem Steuer sitzt, sondern dort beispielsweise auch seinen Nachwuchs oder Bekannte Platz nehmen lässt, sollte auch deren Fahrkünste in die Überlegungen zur Fahrzeugversicherung einbeziehen.
Übrigens: Alternativlos sind Vollkasko-Versicherungen in der Regel für Leasing-Fahrzeuge. Für die meisten Firmen sowie Fahrzeughalter mit privatem Leasingvertrag stellt sich die Frage nach einer Kündigung des Vollkasko-Schutzes deshalb oft gar nicht.
Mehr Infos zu den Kaskoversicherungen, deren Leistungen sowie den zu erwarteten Kosten findet sich auf dem Ratgeberportal www.zahlt-die-vollkasko.de.
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